Als Gestalter moderner Arbeitswelten muss Personalentwicklung Prozesse etablieren, die agiles Verhalten ermöglichen und die Mitarbeiter rechtzeitig dazu befähigen, sich in diesen neuen Strukturen zu bewegen.

Schnell entscheiden, sich anpassen anstatt auf lange Planungszyklen zu setzen – Unternehmen müssen heute zunehmend „auf Sicht fahren“, um mit der steigenden Komplexität und wachsenden Volatilität der Märkte mithalten zu können. Wer beweglich sein möchte, braucht fitte Mitarbeiter. Agile Unternehmen haben daher eines erkannt: kontinuierliches Lernen und dynamisches Anpassen gehen nur dann in die Unternehmens-DNA über, wenn die Personalentwicklung die richtigen Weichen dafür stellt.

Passende Rahmenbedingungen schaffen

WILD hat in den letzten Jahren eine Reihe von Maßnahmen umgesetzt, die den agilen Reifegrad des Unternehmens konsequent erhöht haben. Den Nährboden dafür beschreibt Andrea Gritsch, Head of Human Resources der WILD Gruppe, wie folgt: Kommunikation und Kollaboration müssen einen höheren Stellenwert erhalten als hierarchische Funktionen oder statische Jobbeschreibungen. Vernetzte Organisationen leben von der Offenheit und Transversalität zwischen den Abteilungen sowie dem Einbinden von externem Know-how. Die Rollenverteilung innerhalb der WILD-Teams ist daher flexibel und projektbezogen.

„Es geht darum, die jeweiligen Stärken der Mitarbeiter zu berücksichtigen. Der eine hat viel Wissen und Erfahrung im Bereich Serienüberleitung, der andere in der Produktentwicklung. Bei Bedarf greifen wir auf Fachwissen aus unserem WIN-Partnernetzwerk zurück. In Summe schöpfen wir somit aus einem Pool unterschiedlichster Kompetenzen“, erläutert die Personalchefin. Die Teammitglieder sind stark miteinander vernetzt und haben genügend Handlungsspielraum. Um diesen zu schaffen, herrscht bei WILD eine Speed-Meeting-Kultur, die ein rasches Zusammentreffen aller Beteiligten im sogenannten Taskforce-Room ermöglicht und schnelle Entscheidungen herbeiführt. Die Digitalisierung unterstützt diese Entwicklung. „Wenn Mitarbeiter beweglicher und dialogbereiter über alle Abteilungsgrenzen hinweg zusammenarbeiten, muss auch der Informationsaustausch entsprechend funktionieren. Wir haben einen Digitalisierungsbeauftragten, der sich übergeordnet diesen Dingen widmet“, so Gritsch.

Keine Scheu vor Verantwortung

In der Produktion haben sich die Anforderungen ebenfalls gewandelt. Tätigkeiten mit einem hohen Standardisierungsgrad sowie Routineabläufe nehmen ab. Die Mitarbeiter sind gefordert, neue Arbeitsinhalte schnell zu erfassen. „Auf Ebene der Fachkräfte ist es wichtig, für jede neue Bau- oder Montagegruppe rasch Verantwortliche mit der richtigen Qualifikation zur Verfügung zu stellen. Dafür sind u.a. flexible Arbeitszeitkonten, entsprechende Schichtpläne, Transparenz und die Veränderungsfähigkeit jedes einzelnen gefragt“, betont Gritsch.

Aus- und Weiterbildung

Gleichzeitig gilt es zu erkennen, in welchen Bereichen genügend Know-how im Unternehmen vorhanden ist bzw. wo noch „weiße Flecken“ vorherrschen. Doch wie lässt sich heute entscheiden, wer morgen mit an Bord sein muss, um übermorgen wettbewerbsfähig zu sein? Um Antworten darauf zu finden, screent WILD regelmäßig die Kundenbedürfnisse und Herausforderungen in den definierten Zielmärkten. Diese werden mit dem vorhandenen Know-how verglichen. Kommen Differenzen zu Tage, wird abteilungs- und standortübergreifend definiert, ob das Know-how intern aufgebaut oder durch WIN-Partner ergänzt werden soll. „Entscheidend ist, dass wir bei Bedarf schnell und zuverlässig darauf zurückgreifen können“, betont Wolfgang Warum, CTO der WILD Gruppe.

Erfolgreiches Generationenmanagement

Agile Personalentwicklung zeichnet sich aber auch dadurch aus, dass die Mitarbeiter mehr Verantwortung für ihre Weiterbildung übernehmen. Führungskräfte werden zu Lernbegleitern, der Personalentwickler wird zum Berater. Agiles Lernen ist heute im Arbeitsalltag verankert und erfolgt häufig digital, individuell und on demand. Ganz wichtig ist in diesem Zusammenhang der Wissens- und Erfahrungstransfer von einer Generation zur nächsten. Dieser funktioniert laut Alexandra Roth, der jüngsten Projektleiterin am WILD-Standort Völkermarkt, am besten in der Praxis. „Es gibt zwar Vorlagen und Anweisungen, aber wenn man selbst etwas in die Hand nimmt und dabei Unterstützung erhält, lernt man am schnellsten.“ Sie arbeitet daher eng mit Erwin Meritschnig zusammen. Er ist Projektmanager im Geschäftsbereich Medizintechnik und seit fast 40 Jahren bei WILD. Eine Teamkonstellation, von der beide Seiten profitieren. „Erwin hat unglaublich viel Erfahrung. Umgekehrt denken junge Leute oft unvoreingenommener. Sie bringen neue Sichtweisen und Ideen ein“, so Roth. Auch Meritschnig ist davon überzeugt, dass man „die größten Lernerfolge durch neue Projekte und deren Herausforderungen erreicht. Man muss bereit sein, das Wissen, das mit der jüngeren Generation ins Unternehmen kommt, anzunehmen und zu erkennen, ob es in das vorhandene Produkt- und Prozesswissen integriert werden kann.“

In der Montage haben sich generationsübergreifende Teams besonders bewährt. „Junge Mitarbeiter profitieren von der jahrelangen Erfahrung im Handling von Optikkomponenten, die wir ihnen vermitteln. Ältere vom gekonnten Umgang der Jungen mit modernen Technologien“, weiß Gruppenleiter Ernst Petritz, der seit 35 Jahren bei WILD arbeitet. Die Zusammenarbeit mit Montagemitarbeiterin Manuela Stocker zeigt das Potenzial dieses Know-how-Tandems, das auf gegenseitige Unterstützung im Arbeitsalltag setzt.